15 Empfehlungen zur Verbesserung der Sicherheit nach Absturz der Ju 52
VON Polizei.news Redaktion Graubünden Schiffsunfälle Schweiz Unfälle
Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) hat den Schlussbericht zum Absturz der Ju 52 vom 4. August 2018 bei Flims (GR) veröffentlicht.
Die SUST gelangt in ihrem Bericht zum Schluss, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren zum Unfall geführt hat. Zur Verbesserung der Flugsicherheit richtet die SUST acht Sicherheitsempfehlungen an die Aufsichtsbehörde und sieben Sicherheitshinweise an die betroffenen Unternehmen. Schuld- und Haftungsfragen sind ausdrücklich nicht Zweck dieser Untersuchung.
Am 4. August 2018 verunfallte ein als „Tante Ju“ bekanntes historisches Verkehrsflugzeug Junkers Ju 52, betrieben durch Ju-Air, bei Flims (GR). Alle 20 Personen an Bord des Flugzeuges kamen dabei ums Leben. Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) hat den Unfall untersucht, um seine Ursachen und die tieferliegenden Gründe zu finden. Die SUST hat am 28. Januar 2021 den Schlussbericht zu diesem Absturz veröffentlicht. Die SUST kommt in ihrem Bericht zum Schluss, dass Handlungen der Piloten zum Absturz führten. Zudem trugen auch Unterlassungen im Flugbetriebsunternehmen Ju-Air und Vorgänge bei der Aufsichtsbehörde, dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) dazu bei, dass ein solcher Unfall entstehen konnte.
Hochriskante Flugführung als direkte Ursache für den Unfall
Als direkte Ursache für den Unfall nennt die SUST eine hochriskante Flugführung durch die Piloten: Die Piloten steuerten das Flugzeug in geringer Höhe, ohne Möglichkeit für einen alternativen Flugweg und mit einer für diese Verhältnisse gefährlich tiefen Geschwindigkeit in das enge Tal südwestlich des Piz Segnas. In diesem Tal durchflog das Flugzeug Turbulenzen, wie sie im Gebirge in Geländenähe stets zu erwarten sind. Diese hochriskante Flugführung bewirkte, dass die Piloten in diesen nicht aussergewöhnlichen Turbulenzen die Kontrolle über das Flugzeug verloren und für ein Abfangen des Flugzeuges zu wenig Raum zur Verfügung stand. Als Folge davon stürzte das Flugzeug nahezu senkrecht zu Boden.
Tieferliegende Faktoren begünstigten die Entstehung des Unfalls
Die SUST stellt in ihrem Bericht unter anderem folgende tieferliegende Faktoren fest, welche die Entstehung des Unfalls begünstigten:
- Der Schwerpunkt des Flugzeuges befand sich während des Unfallfluges zu weit hinten. Diese gefährliche Situation war durch eine mangelhafte Flugvorbereitung und durch Fehler in einer Software von Ju-Air zustande gekommen.
- Die Piloten des Unfallfluges und auch eine Anzahl anderer Piloten von Ju-Air hatten sich bei Ju-Air daran gewöhnt, Regeln für einen sicheren Flugbetrieb nicht einzuhalten und auch bei Flügen mit Passagieren hohe Risiken einzugehen.
- Ju-Air als Flugbetriebsunternehmen erkannte die wesentlichen Risiken in seinem Flugbetrieb nicht. Auch verhinderte es die zahlreichen Regelbrüche seiner Piloten nicht.
- Verschiedene Voraussetzungen, die für gewerblichen Luftverkehrsbetrieb mit Passagieren ein hohes Mass an Sicherheit gewährleisten sollen, waren seit längerer Zeit nicht erfüllt.
- Die Aufsichtstätigkeit des BAZL vermochte zahlreiche Sicherheitsprobleme bei Ju-Air nicht zu erkennen bzw. zeigte nicht genügend Wirkung.
Weitere Risiken ermittelt und Sicherheitsempfehlungen ausgesprochen
Neben diesen Faktoren ermittelte die SUST weitere Risiken, die sich jedoch nicht auf den Unfall auswirkten. Insbesondere befand sich das verunfallte Flugzeug technisch nicht in einem ordnungsgemässen Zustand.
Damit die Sicherheit in der Luftfahrt verbessert werden kann, spricht die SUST in ihrem Bericht acht Sicherheitsempfehlungen sowie sieben Sicherheitshinweise aus. Die Sicherheitsempfehlungen richten sich an das BAZL als zuständige Aufsichtsbehörde und sollen eine wirksame betriebliche und technische Aufsicht fördern. Mit den Sicherheitshinweisen spricht die SUST das Flugbetriebsunternehmen Ju-Air sowie die betroffenen Betriebe der Flugzeuginstandhaltung an. Sie sollen einer Verbesserung der betrieblichen Führung und einem sicherheitsbewussten Umgang mit Risiken dienen.
Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) ist die unabhängige Behörde der Schweizerischen Eidgenossenschaft, welche den Auftrag hat, Unfälle und schwere Vorfälle in der Zivilluftfahrt, der Schifffahrt und im öffentlichen Verkehr zu untersuchen. Die Sicherheitsuntersuchungen der SUST haben ausschliesslich zum Ziel, Erkenntnisse zu gewinnen, mit denen künftige Unfälle und Gefahrensituationen verhütet werden können und die eine Erhöhung der Sicherheit zur Folge haben. Hingegen dient die Sicherheitsuntersuchung ausdrücklich nicht der Klärung von Schuld- und Haftungsfragen.
Quelle: Untersuchungsdienst der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST)
Bildquelle: Kapo GR